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Mittwoch, 11. Juli 2007
Dieu et mon cachalot
leroyking, 14:25h
Jeder Mensch sollte eigentlich einen Wappenspruch, ein Credo sozusagen, haben. Dann wären die Fronten klar, so wie damals, als man einfach das Visier runterklappen konnte, wenn man von Leuten angesprochen wurde, mit denen man nicht konversieren wollte. Hätte man beispielsweise den Wahlspruch "Ich rede nur mit höflichen Leuten", wüsste die Welt genau, wie sie sich zu verhalten hätte. Ansonsten - Klappe zu. Sendepause. Das fände ich toll. Zumal ich stets - und das ist sowohl unchristlich als auch wahrscheinlich untugendhaft, das Institut für Tugend forscht noch - eine seltsame Melange aus Genervtheit und Abscheu empfinde, wenn mich Leute auf offener Straße ansprechen. Fast, als wäre ich misanthrop. Was ich - eigentlich - nicht bin. Ich mag Menschen, aus einer gewissen Distanz allerdings. Mein Wappenspruch könnte also sein: "Ich mag Menschen, die mich nicht auf offener Straße ansprechen." Oder aber: "Ich habe Mitleid mit Menschen, die tatsächlich nur noch zwei Euro für ein Zugticket brauchen, weil ihnen das Portemonnaie gestohlen wurde, und helfe den nämlichen gerne, aber ich glaube niemandem, der mir diesen Sachverhalt vorträgt, weil ich diese Personen für Betrüger halte." Andererseits wäre ein solcher Wappenspruch vielleicht zu lang, so á la "Dingel-Dangel-Dongel-bitte-ein-Nürnberger-Bratwürstchen" zu lang. Man bräuchte wohl einen recht großen Wappenschild mit recht kleiner Beschriftung. Ich will auch zugestehen, dass die Mode, Wappenschilde mit sich herum zu tragen, die Erfindung des Knappen wirklich nahelegt. Und Knappen sind - das lehrt uns die Revolution - nicht tugendhaft. Also: Keine Wappenschilde, keine Sprüche, armer Yorick, wo sind Deine Schwänke, Deine Sprünge? Sic transit gloria mundi. Psyché, der Schmetterling. Ob, als Metapher gedacht, die Chaostheorie auch für kollektive Psychosen gilt? Das ein Schmetterling in, sagen wir, den USA hier eine Massenhysterie hervorrufen könnte? Sieht man sich die Kreationisten an, scheint es so zu sein. Die gelten selbst in den USA als Spinner, und kriegen nur deshalb soviel Aufmerksamkeit, weil jeder vernünftige Mensch jemanden braucht, auf den er intellektuell herabblicken kann. Und die Kreationisten sind die geborenen (oder wiedergeborenen) Watschenmänner, weil sie einfach strunzdumm sind. Man muss nicht an die Evolutionstheorie glauben, aber das gleiche gilt für AIDS und die Schwerkraft. Man kann auch recht sicher davon ausgehen, dass diesen Institutionen recht egal ist, ob man an sie glaubt. Sie wirken dennoch. Genauso wie die Evolution, die es verhindern wird, das intelligente Leute in großem Stil mit Kreationisten Kinder kriegen, und folglich auf Dauer eine degenerierte Form des Menschen in diesen Kreisen hervorbringen wird. Das haben sie nun davon, die Kreationisten. Sie mögen nicht vom Affen abstammen - aber dahin geht die Reise, ihr werdet schon sehen. Und in der guten BRD haben wir wieder was, das uns zeigt, wie sehr wir doch dem Amerikaner überlegen sind. Der ist kulturlos, der Amerikaner, never mind Andy Warhol. Da gab es auch überhaupt nie Wappenschilde! Und Knappen! Immer nur so Biberfellmützen tragende Pioniere mit seltsamen Vornamen wie "Ezra".
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