Donnerstag, 26. Juli 2007
Geh' mich wech mit die Knappschaftsaphorismen!
Wer an Glückskekse glaubt, hat eigentlich kein Glück verdient. Man kann natürlich darüber streiten, ob Glück jemals verdient ist, oder sich nicht gerade dadurch auszeichnet, dass man es nicht verdient, aber bitte. Das meinte ich natürlich nicht. Worauf ich hinauswollte, war: Warum sollten Nachrichten in frittiertem Gebäck Denkanstöße geben? Wenn man Kekse ist, will man doch üblicherweise nicht gestört werden, sondern ruhig Endorphine ausgeschüttet bekommen. Das Letzte, was man da gebrauchen kann, sind Nachrichten. Keiner käme doch auf die Idee, den Wurm im Tequila mit einer Nachricht zu tätowieren - weil Leute, die Tequila trinken, solche Nachrichten nicht läsen. Und ob man wirklich durch Allgemeinplätze glücklich wird? Ein wenig Esprit wäre angesagt. Wenn ich in meinem Glückskeks beispielsweise Abwandlungen berühmter philosophischer Sätze fände, wäre ich entzückt. "I drink, therefore I am", "homo homini Lupinie" - metaphysische Letztbegrünung, wie mein Freund Dimmu Shaker sagen würde. Das erheitert ungemein, und man kann sich mit den Essensgästen doch viel angeregter darüber unterhalten, inwiefern der Mensch dem Menschen ein Gewächs sei, als darüber, ob der rollende Stein kein Moos ansetzt. Oh, Moos! Scheinbar sind fernöstliche Weisheiten stets auf Moos oder Kirschblüten angewiesen. Beide scheinen sehr metapherogen zu sein. Und gut für Gärten geeignet. Dort platziert man sie dann neben des Lebens güld'nem Baum - der aus unerfindlichen Gründen grün sein soll - und fügt, der lieben Ordnung halber, noch eine antike Statue ohne Arme, aber in weiß, aus dem Gartenkatalog hinzu. Das ist gebildet und stilvoll, das sprüht vor Charme, und wenn der Gärtner dann auch noch 'variatio delectat' proklamiert, bin ich versucht, zotige Lieder anzustimmen. Es wird offenkundig: Ich bin kein Bewunderer der zur Schau gestellten humanistischen Bildung. Ich halte das für untugendhaft eitel und - schlimmer noch, Bürger! - grauenhaft langweilig. Da seh ich mir lieber Germany's Next Top Model an und esse Glückskekse. Die Sprüche daraus werfe ich aber in den Garten, direkt neben die Kirschblüten. Der Mensch ist dem Menschen nämlich kein Gewächs, sondern ein Wolf.

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Mittwoch, 11. Juli 2007
Dieu et mon cachalot
Jeder Mensch sollte eigentlich einen Wappenspruch, ein Credo sozusagen, haben. Dann wären die Fronten klar, so wie damals, als man einfach das Visier runterklappen konnte, wenn man von Leuten angesprochen wurde, mit denen man nicht konversieren wollte. Hätte man beispielsweise den Wahlspruch "Ich rede nur mit höflichen Leuten", wüsste die Welt genau, wie sie sich zu verhalten hätte. Ansonsten - Klappe zu. Sendepause. Das fände ich toll. Zumal ich stets - und das ist sowohl unchristlich als auch wahrscheinlich untugendhaft, das Institut für Tugend forscht noch - eine seltsame Melange aus Genervtheit und Abscheu empfinde, wenn mich Leute auf offener Straße ansprechen. Fast, als wäre ich misanthrop. Was ich - eigentlich - nicht bin. Ich mag Menschen, aus einer gewissen Distanz allerdings. Mein Wappenspruch könnte also sein: "Ich mag Menschen, die mich nicht auf offener Straße ansprechen." Oder aber: "Ich habe Mitleid mit Menschen, die tatsächlich nur noch zwei Euro für ein Zugticket brauchen, weil ihnen das Portemonnaie gestohlen wurde, und helfe den nämlichen gerne, aber ich glaube niemandem, der mir diesen Sachverhalt vorträgt, weil ich diese Personen für Betrüger halte." Andererseits wäre ein solcher Wappenspruch vielleicht zu lang, so á la "Dingel-Dangel-Dongel-bitte-ein-Nürnberger-Bratwürstchen" zu lang. Man bräuchte wohl einen recht großen Wappenschild mit recht kleiner Beschriftung. Ich will auch zugestehen, dass die Mode, Wappenschilde mit sich herum zu tragen, die Erfindung des Knappen wirklich nahelegt. Und Knappen sind - das lehrt uns die Revolution - nicht tugendhaft. Also: Keine Wappenschilde, keine Sprüche, armer Yorick, wo sind Deine Schwänke, Deine Sprünge? Sic transit gloria mundi. Psyché, der Schmetterling. Ob, als Metapher gedacht, die Chaostheorie auch für kollektive Psychosen gilt? Das ein Schmetterling in, sagen wir, den USA hier eine Massenhysterie hervorrufen könnte? Sieht man sich die Kreationisten an, scheint es so zu sein. Die gelten selbst in den USA als Spinner, und kriegen nur deshalb soviel Aufmerksamkeit, weil jeder vernünftige Mensch jemanden braucht, auf den er intellektuell herabblicken kann. Und die Kreationisten sind die geborenen (oder wiedergeborenen) Watschenmänner, weil sie einfach strunzdumm sind. Man muss nicht an die Evolutionstheorie glauben, aber das gleiche gilt für AIDS und die Schwerkraft. Man kann auch recht sicher davon ausgehen, dass diesen Institutionen recht egal ist, ob man an sie glaubt. Sie wirken dennoch. Genauso wie die Evolution, die es verhindern wird, das intelligente Leute in großem Stil mit Kreationisten Kinder kriegen, und folglich auf Dauer eine degenerierte Form des Menschen in diesen Kreisen hervorbringen wird. Das haben sie nun davon, die Kreationisten. Sie mögen nicht vom Affen abstammen - aber dahin geht die Reise, ihr werdet schon sehen. Und in der guten BRD haben wir wieder was, das uns zeigt, wie sehr wir doch dem Amerikaner überlegen sind. Der ist kulturlos, der Amerikaner, never mind Andy Warhol. Da gab es auch überhaupt nie Wappenschilde! Und Knappen! Immer nur so Biberfellmützen tragende Pioniere mit seltsamen Vornamen wie "Ezra".

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Donnerstag, 28. Juni 2007
Oder Tüllmythen
Das oder fehlt mir. Nicht die Oder, die liegt im Osten und ist daher wahrscheinlich naziverseucht, sondern das "oder". Jaja, denkt der gelangweilte Leser jetzt wahrscheinlich wieder, jetzt macht er Werbung für die Linke oder Attac oder irgendein Einkaufszentrum - pro Freedom Of Choice und so. Nein, das meine ich nicht. Und leser habe ich - glaube ich den niemals lügenden Auguren der Webcounter - auch keine. Was ich vielmehr meine, ist folgendes:
Ich beginne Sätze häufig mit "Entweder". Dann fällt mir ein toller Folgesatz ein, vom Hölzchen auf's Stöckchen, und das Oder bleibt im Äther verschollen. Da steht es auf der außerwirklichen Bühne hinter dem Vorhang und wartet auf seinen Einsatz, den ich als Moderator allerdings versaubeutele. Kein oder, immer nur entweder. Grauenhaft. Schlechter Stil, im Übrigen. Genauso sehr, wie die unsägliche Suche nach "gemischten Doppeln", jener Erfindung der SZ, die alle diejenigen Intellektuellen unter den Lesern bedient, die sich zu fein sind, dass gute alte "gefickt eingeschädelt" von RTL Samstag Nacht lustig zu finden. Gar nicht mal der Wortwahl wegen - darüber lachen gerade die Intellektuellen. Die finden, dass demonstriere ihre Bodenhaftung und so. Man ist ja kein Spießer, sondern Boheme, für den die Konventionen nicht gelten. Die gelten nur für, ach pah!, das ganze Gekröse. Aber eins geht dann doch zu weit: RTL sehen. Nein, nein, das ist auch nur - ach pah! - für das ganze Gekröse. Dummerweise war natürlich der Witz mit den umgedrehten Silben slash Buchstaben gut, also müssen wir ihn woanders unterbringen. Heureka - SZ! Nun, nachdem ein Freund von mir, nennen wir ihn Dimmu Shaker, aus "Prolltussis" "Trollpussies" gemacht hat (oh, how we chuckled!), konnte ich schlecht hintanstehen. Voila: Aus Mülltüten lässt sich prima "Tüllmythen" machen. Und der Charme des letzten Wortes ist doch gigantisch, oder? Er hat etwas leicht transvestites, übergewichtiges, manisch grinsendes in Rosé. Davon wird man noch Jahre sprechen! Oder nicht. AH! Da ist es! Das oder! Es ist vollbracht.

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